Peter Jeker

Schulterschmerzen aus Sicht der APM nach Radloff

Um es vorwegzunehmen. Auch für Therapeutinnen und Therapeuten, welche mit dem Konzept Radloff arbeiten, ist die Behandlung von Schulterschmerzen immer wieder eine neue Herausforderung. Ich möchte in diesem Artikel Denkanstösse für mögliche Ursachen eines Schulterschmerzes liefern.

Erste Unterteilung

Die Ursachen für Schulterschmerzen sind sehr vielfältig. Als Erstes muss zwischen zerstörten Strukturen innerhalb des Gelenkes aufgrund von Stürzen oder anderen traumatischen Einflüssen und Schmerzen ohne zerstörte Strukturen im Bereich der Schulter unterschieden werden.

Schmerzen aufgrund von zerstörten Strukturen oder Traumatas

Alle Schmerzen aufgrund von zerstörten Strukturen gehören erst einmal in schulmedizinische Hände zur Abklärung. Sollte dabei kein Befund erstellt werden können, oder der Schmerz nach der Operation nicht besser werden, muss auch in diesen Fällen an andere Ursachen gedacht werden. Verletzungsfolgen sollten jedoch innerhalb eines angemessenen Zeitraums ausheilen. Relativ häufig ist das nicht der Fall und Klienten beklagen sich unter Umständen noch nach Jahren über von einem Unfall herrührende Beschwerden. Warum, sollte hier die Frage gestellt werden, waren die Selbstheilungskräfte des Organismus in diesen Fällen nicht wirksam?

Die Antworten dazu finden sich vielleicht in den nachfolgenden Erklärungen zu den Schulterschmerzen ohne zerstörte Strukturen.

Schmerzen ohne zerstörte Strukturen

Jeder Schmerz ist als Ruf des Körpers nach Hilfe zu verstehen. Bei nicht traumatisch entstandenen Schmerzen braucht der Körper aber nicht zwingend an der Schulter Hilfe. Die grosse Schwierigkeit besteht darin, zu verstehen, welche Hilfe dieser individuelle Körper benötigt. Um dies herauszufinden, wäre ein Handbuch, wie wir es vom Auto her kennen, manchmal nicht schlecht. Leider ist der Mensch aber keine Maschine, welche immer gleich funktioniert. So benötigen wir die individuelle Befunderhebung.
Welches sind denn aus unserer Sicht die möglichen Ursachen für Schulterschmerzen? Eine Auflistung:

  1. Ein Nerv in der oberen Brust- oder unteren Halswirbelsäulewird aufgrund eines blockierten Wirbels gereizt.
  2. Ein gestörtes Organ gibt über das System des übertragenen Schmerzes einen Reiz auf das Schultergelenk.
  3. Ein Armmeridian, der die Schulter energetisch versorgt, weist eine Störung auf.
  4. Irgendwo im Körper entzieht etwas dem Schulterbereich Energie.

Nachfolgend möchte ich Ihnen die einzelnen möglichen Ursachen erläutern.

1. Ein Nerv in der oberen Brust – oder unteren Halswirbelsäule wird gereizt

Wir sprechen in diesem Fall auch von einer statischen Ursache. Die Nerven der oberen Brustwirbelsäule und der Halswirbelsäule versorgen die Muskulatur und das Gewebe der Schulter. Analog einer Stromleitung die den Strom zu einer Lampe bringt. Wird nun diese «Stromleitung» durch einen verdrehten Wirbel
gereizt, beginnt das gesamte Licht im versorgten Bereich zu leuchten. Das heisst, der Körper reagiert mit Schmerz. Dies kann zu Beginn nur die Nackenmuskulatur sein, welche verspannt ist und mit zunehmender Dauer beginnen andere Strukturen wie z.B. die Schulter zu schmerzen.

Abhilfe schafft in diesem Fall die Behandlung der gesamten Einheit Becken und Wirbelsäule.

2. Ein gestörtes Organ gibt über das System des übertragenen
Schmerzes einen Reiz auf das Schultergelenk.

Mit der Lehre der segmentalen Innervation, wie sie Grundlage der Segmenttherapien wie z.B. der Bindegewebsmassage ist, lassen sich diese Zusammenhänge bestätigen. Diese Lehre besagt sehr vereinfacht ausgedrückt, dass im Gehirn gebildete, nervliche Impulse durch das Rückenmark in den Rumpf und weiter in die
Spinalnerven geleitet werden. Spinalnerven treten zwischen zwei benachbarten Wirbeln aus dem Rückenmark aus und versorgen in dieser Etage die Haut, die Muskulatur und die Knochen. Diese halbgürtelförmigen Abschnitte werden Segment genannt. Vor ihrem Austritt aus der Wirbelsäule haben die Spinalnerven
innerhalb dieses Segmentes reflektorische Verbindungen zu einem inneren Organ.

Befindet sich ein inneres Organ in einem Reizzustand, teilt sich dieser den anderen Anteilen des Segments mit – ähnlich der Stromleitung, welche alle angeschlossenen Lampen zum Leuchten bringt, wenn sie eingeschaltet wird. Damit kommt es zum Beispiel zu einer Zunahme der Muskelspannung oder zu Schmerzen im Knochen oder zu einem Ödem in der Haut.

Nun ist es so, dass jedes Organ eine Verbindung zu den Nerven hat, welche die Nacken,- Schulter- und Armmuskulatur versorgen.

Im unten dargestellten Segmentschema sind die Dermatome abgebildet. Dermatome sind Hautareale, die hauptsächlich von einem bestimmten Spinalnerv versorgt werden. Die Beschriftung C3-C4 beispielsweise besagt, dass die dort eingefärbten Dermatome von den Spinalnerven versorgt werden, die auf Höhe des 3. und 4. Halswirbels austreten.

Aus den vier exemplarischen Segmentschemata lässt sich ablesen, dass sich ein betroffenes Organ auf Höhe der segmentalen Innervation im Dermatom zeigt. Gleichzeitig zeigt sich jedes Organ auch im Bereich des Übergang Hals- und Brustwirbelsäule, in den Dermatomen C3-C4.

Ist das gestörte Organ einseitig, wie eine Niere oder eine Gallenblase, zeigt sich die Reaktion im Dermatom auf der gleichen Seite. Ist das gestörte Organ mittig oder beidseitig, wie der oben dargestellte Dickdarm, zeigt sich das Dermatom im Nacken auch beidseitig.

3. Ein Armmeridian, der die Schulter energetisch versorgt, weist eine Störung auf.

Wir können uns das System der Meridiane vorstellen wie ein Flusssystem, welches alle Körperteile mit Energie versorgt. Wenn nun ein Fluss gestaut wird (Staumauer), entsteht vor der Mauer ein Stausee, was ein Zuviel an Energie bedeutet und im Bild mit + bezeichnet ist. Nach der Staumauer fehlt die Energie, im Bild mit - bezeichnet. Beide Zustände können im Körper Schmerzen verursachen.

4. Irgendwo im Körper entzieht etwas dem Schulterbereich Energie.

Hier lohnt es sich, das Modell der Meridianuhr einzuführen, das den physiologischen Energiekreislauf beschreibt. Aus diesem Modell kann beispielsweise abgeleitet werden, um welche Tageszeit ein Meridian physiologisch am stärksten, und wann am schwächsten mit Energie versorgt ist. Jahreszeitliche Beschwerden können damit erklärt und behandelt werden.

Energetische sowie körperliche Korrespondenzen können abgeleitet werden. Diese interessieren uns hier:

Körperliche Korrespondenzen

Werden die Kenntnisse der Meridianverläufe mit der Meridianuhr kombiniert, ergeben sich weitere mögliche Ursachen für den hier untersuchten Schulterschmerz.

Fuss und Hand

Der Fuss wird von den Übergängen des Blasen- zum Nierenmeridian, des Gallenblasen- zum Lebermeridian und des Magen- zum Milz-Pankreasmeridian versorgt. In den jeweiligen Oppositionen lassen sich die Übergänge Lunge- zu Dickdarmmeridian, Herz- zu Dünndarmmeridian und Kreislauf- zum Dreifachen Erwärmermeridian finden. Diese Meridianübergänge versorgen die Hand. Damit werden Energieverlagerungen u.a. im Sinn der Ersten Hilfe möglich. Ein energievoller Fuss kann durch die Behandlung der Hand entlastet werden.

Knie und Ellbogen

Folgt man den Meridianverläufen und betrachtet gleichzeitigden energetischen Opponenten, ergibt sich eine nächste körperliche Verbindung von Knie und Ellbogen.

Hüfte und Schulter

Die gleiche Logik trifft auf die gegensätzlichen Korrespondenzen zwischen dem Hüftgelenk und Schulterregion zu. Daran gilt es zu denken, wenn die Klientin in der Krankenvorgeschichte berichtet, dass zuerst das Hüftgelenk Beschwerden zeigte, nach einem Eingriff nun unauffällig sei, seither aber das Schultergelenk spinnt.

Brust und Kopf

In der Brustregion befinden sich die Übergänge der Yin- zu Yin-Meridiane (in der Grafik blau). Gegenüber befinden sich die am Kopf befindlichen Yang-Yang-Übergänge (in der Grafik rot). Zwischen den beiden Gebieten lassen sich ebenfalls Energieverlagerungen vornehmen.

Nacken und Bauch

Die Nackengegend wird von den in der Grafik roten Yangmeridianen versorgt. Als deren Opponent lässt sich der Bauch ableiten. Beispielsweise zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass nicht die sitzende Tätigkeit schuld an der Schulter- und Nackenverspannung ist, sondern ein Bauchorgan, das die energetische Balance zum Nacken stört.

Fazit 

Für uns TherapeutInnen gilt es, das Handbuch des Menschen zu kennen und gleichzeitig den individuellen Zustand des Menschen vor uns lesen zu können. Für vom Schulterschmerz Betroffene ist es von Bedeutung, den Schmerz als Hilferuf anzunehmen und sich auf die Suche nach der Herkunft des Rufs zu machen. Dabei kann Sie unser/e APM Therapeut/in gut unterstützen.