Peter Jeker und Sandra Wurz

APM-Radloff während der Schwangerschaft

Die schwangeren Frauen können von der Behandlung mit dem Konzept Radloff generell sehr profitieren. Schon ab der Frühschwangerschaft ist eine Behandlung möglich.

Da die Schwangerschaft selbst bestimmten Rhythmen unterliegt und jeder der 10 Monate von den Wandlungsphasen­­rhythmen der Mutter beeinflusst wird, ist schon aus dieser Sicht eine «Pflege» und Stützung der Mutter sinnvoll. Denn geht es der Mutter gut wird das Kind gut genährt und es kann sich entwickeln. Zur Geburtsvorbereitung am Ende der Schwangerschaft sollte die Frau wöchentlich behandelt werden.

Informationen für die Klientin 

Es ist gerade bei einer Erstschwangerschaft wichtig die werdende Mutter gut und umfassend über das Therapiekonzept zu informieren. Wir müssen dabei mit den Frauen auch über die immer bestehende Möglichkeit eines Aborts reden.  

Wir geben dem Körper Kraft und Energie. Sollte der Embryo sich ungenügend gut in der Gebärmutter einnisten können besteht immer die Gefahr einer Abstossung durch den Körper. Dies umso mehr, wenn der Körper genügend Energie hat. Entscheidet der Körper den Embryo abzustossen, um zu tun was zu tun ist, müssen wir dies akzeptieren, die werdende Mutter muss dabei aber unsere Unterstützung erfahren und nutzen können. In dieser Zeit braucht sie nebst der APM Therapie auch die Gespräche, um alles verarbeiten zu können. Die Frau ihrerseits muss vorgängig alle Informationen haben, damit sie sich entscheiden kann. 

Einteilung der Schwangerschaft 

Die Schwangerschaft wird in 3 Trimenon eingeteilt. Diese Einteilung hilft auch uns TherapeutInnen um einen besseren Überblick über mögliche zu erwartende Beschwerden zu erhalten.  

Erstes Trimester (1.-12. Schwangerschaftswoche) 

In dieser Zeit macht die Frau viele körperliche Veränderungen durch. Die Frauen spüren Brustspannung, Müdigkeit, Übelkeit, vermehrter Harndrang und manchmal auch Schwindel. Da die Vagina stärker durchblutet wird, haben sie vermehrte Sekretbildung die zu vaginalem Ausfluss führt. Der Stoffwechsel verändert sich. Der Haarwechsel wird herabgesetzt, die Haut pigmentiert, Sehnen und Bänder werden weicher und dehnbarer. Die wachsende Gebärmutter drückt auf die Harnblase und deshalb tritt vermehrter Harndrang auf. Ein Hormon MSH (Melanozyten stimulierendes Hormon), beeinflusst die Hautpigmentierung; Hautveränderungen können um die Brustwarzen, auf der Bauchdecke, im Gesicht und im Schambereich entstehen. Der Energie- und Sauerstoffverbrauch des Körpers steigen während der Schwangerschaft. 

Zweites Trimester (13. – 26. Schwangerschaftswoche) 

Das zweite Drittel der Schwangerschaft wird als recht beschwerdefrei wahrgenommen. Die Übelkeit und Erbrechen sind normalerweise verschwunden. Die Grösse der Gebärmutter und die Gewichtszunahme sind noch nicht hinderlich bei körperlichen Aktivitäten und der Atmung. 

Ab der 20. Schwangerschaftswochen werden die kindlichen Bewegungen wahrgenommen und die Gewichtsverlagerung beginnt, da der Bauch langsam an Gewicht zunimmt. Daher entstehen in dieser Phase die ersten Rückenprobleme. Bei der ersten Schwangerschaft treten diese Symptome eher später auf, da der Bauch langsamer wächst.

Drittes Trimester (27. -40. Schwangerschaftswoche) 

Diese Zeit ist die beschwerlichste Zeit für die Frau. Die Organe im Bauchraum werden durch die wachsende Gebärmutter langsam eingeengt bzw. verdrängt. Darauf lassen sich typische Schwangerschaftsbeschwerden wie Sodbrennen, Verstopfung und vermehrten Harndrang zurückführen. Die Frauen können sich immer schlechter bewegen, durch den grösseren Bauch wird auch die Atmung bei Anstrengung immer mühsamer. Ebenfalls durch erhöhten Kreislauf und Erweiterung des Venensystems können die Frauen an Füssen und Händen Ödeme bilden, was zu Kribbeln in den Finger führt. Die Hormone bewirken eine Lockerung des Bandapparates, was auch die Wirbelsäule stärker belastet und zum Hohlkreuz führt. Dies kann Rückenschmerzen auslösen. 

Begleitung der Frauen während der Schwangerschaft mit APM 

In der ersten Zeit der Schwangerschaft können wir noch am meisten erreichen. Durch guten Energiefluss und Richten der Statik können wir der Frau einen guten Start in die Schwangerschaft geben. Sie werden besser mit den körperlichen Beschwerden Ende der Schwangerschaft zurechtkommen. Emotional sind sie in dieser Zeit nicht gefestigt. Mit der Freude Mutter zu werden, kommt die Angst es wieder zu verlieren. Wenn die Frau ein empathisches Gegenüber hat, fällt es ihr einfacher darüber zu sprechen. 

Das Auftreten der Übelkeit während dem ersten Trimester ist schwierig zu beeinflussen, da es durch den hohen Hormonanstieg verursacht wird. Wenn die TherapeutIn der Frau aber genug Sicherheit und Vertrauen in die Schwangerschaft geben kann, hält sie die Übelkeit oftmals besser aus. Sie soll in dieser Zeit Stress abbauen und sich und ihrem Körper Zeit geben. Da sie von aussen nicht allzu viel Unterstützung erhält, können wir den Frauen einen Raum der Sicherheit bieten. Es soll uns Therapeuten bewusst sein, dass die Schwangerschaft bis zur 12. Schwangerschaftswoche verschwiegen wird. So müssen sie auch ihr Unwohlsein verschweigen und es aushalten. Wir  empfehlen dem Paar, dass sie in diese Zeit zwei / drei Freunde mit einbeziehen. Dies ergibt der Frau oft grosse Erleichterung. (Siehe dazu auch Ernährung) 

Im zweiten Drittel brauchen die meisten Frauen nicht grosse Unterstützung, umso mehr in der letzten Zeit der Schwangerschaft. Mit gutem Energiefluss können wir ihr genügend Balance geben, um die Schlafqualität zu erhöhen. Ebenfalls bewirken wir durch Fülle / Leere vom Dickdarm auch eine Verbesserung der Verdauung.  Ab der 36. Schwangerschaftswoche soll der Fokus auf die Geburtsvorbereitung gesetzt werden. 

Klientenbericht

Rachel Moser, Kindergartenlehrperson, Mutter von 2 Kindern

Die Radloff Behandlungen während meinen beiden Schwangerschaften waren für mich, auf der physischen wie auch auf der psychischen Ebene, Anker im ganzen Prozess bis zu den Geburten.

Ein Hexenschuss gegen Ende der Schwangerschaft liess mich notfallmässig an Stöcken zu Peter humpeln und tags darauf konnte ich wieder schmerzfrei gehen. Stimmungsschwankungen und Schwangerschaftsbeschwerden wurden durch die regelmässigen Behandlungen stabilisiert. Zum guten Schluss hat eine Behandlung den Geburtsprozess bei Orla massgeblich unterstützt, indem die Fruchtblase unter der Behandlung aufging, nachdem sich am Abend zuvor der Schleimpfropf gelöst hat.

Behandlungstechniken 

Oberstes Gebot ist eine saubere und individuelle, zu Beginn der Behandlung durchgeführte Befunderhebung über das Ohr und wenn nötig auch über die Alarm- und Zustimmungspunkte. Wenn nach Befund und Verlaufskontrolle gearbeitet wird, besteht keine Gefahr durch, laut TCM, kontraindizierte Punkte. (Siehe dazu auch den Artikel in der deutschen Zeitschrift Akupunktur zu einer an der Universität Mannheim durchgeführten Studie)1

Leitbahnen 

In jedem Monat der Schwangerschaft ist eine bestimmte Leitbahn der Mutter für die Ernährung des Fetus verantwortlich. Ein Leere der jeweils aktiven Leitbahn führt daher zu einer Unterversorgung des Embryos, eine pathogene Fülle kann die harmonische Entwicklung des Fetus behindern ja gar eine Fehlgeburt auslösen. 

Es ist also wichtig bei der Behandlung einer Schwangeren darauf zu achten, welche Leitbahn zu welchem Zeitpunkt für die Entwicklung des Embryos zentral ist. Es gilt genau zu definieren in welchem energetischen Zustand diese sich befindet, ob diese tonisiert oder entlastet oder in Ruhe gelassen werden muss. Ein differenzierter Befund mit Concha, Alarm- und Zustimmungspunkten (wenn immer möglich) und der Sand- und Seidentastung ist also unumgänglich. 

Alarmpunkte und Steuerungspunkte 

Selbstverständlich können und sollen die Alarm – und Zustimmungspunkte zur Befunderhebung und zur Behandlung genutzt werden.  

Bei der Tastung der Alarmpunkte empfehlen wir zumindest die Alarmpunkte von Magen, Dickdarm, 3-Erwärmer, Dünndarm und Blase mit dem Puls zu überprüfen. Behandelt werden sie wie gewohnt durch sanftes Schütteln. Die Steuerungspunkte und weitere Punkte können ganz normal nach Befund behandelt werden. (Siehe oben Behandlungstechniken). 

Becken- und Wirbelsäulenbehandlung 

Die statische Behandlung ist als sehr wichtig einzustufen, zumal viele Schwangere über Rücken- oder Ischiasbeschwerden berichten. Zusätzlich ist es im Bereich der Geburtsvorbereitung notwendig die Iliosacralgelenke zu mobilisieren, damit sich das Becken unter der Geburt auch vollständig eröffnen kann.  

Während der gesamten, auch der energetischen, Behandlung ist die Lagerung der Klientin sehr wichtig. Einige hochschwangere Frauen können fast nicht mehr auf dem Rücken liegen. Hier gilt es den Oberkörper hochzulagern und die Beine mit einer Beinrolle zu unterstützen. 

Für die Behandlung des Beckens muss die Klientin unbedingt in Bauchlage gebracht werden. In aller Regel geht dies bei der richtigen Lagerung problemlos. Ich benutze dazu ein Stillkissen, mit welcher die Frau sich meist selbst eine hufeisenförmige Unterlage schafft in welcher der Bauch zu liegen kommt. Gleichzeitig muss der Brustkorb oberhalb der Brust unterstützt werden, damit die Brust entlastet wird. Dazu dient eine Tuchrolle. So gelagert kann die Klientin meist mühelos 20 - 30 Minuten in Bauchlage verbringen. Sehr oft wirkt diese Position sogar entlastend, da die LWS in Flexionsposition entlastet wird. Die Beckengriffe können in dieser Position normal durchgeführt werden. Sollte die SIAS nicht richtig gegriffen werden können kann mit einem Tuch unter dem Becken eine Schlinge gemacht werden. Keine Angst, das Baby ist in der Fruchtblase wunderbar geschützt. 

Die Behandlungsgriffe der Wirbelsäule können alle normal unter angepasster Dosierung durchgeführt werden. Auch der Sayonara in Rückenlage kann problemlos, selbstverständlich immer unter Beachtung der Schmerzrückmeldung, gemacht werden. 

Ernährung 

Während der gesamten Schwangerschaft ist ein „korrektes“ Verhalten der Mutter wichtig. Genügend Schlaf, viel Ruhe und eine Abkehr vom gewohnten Alltag. 

Grundsätzlich sollte die Mutter gekochtes und nährreiches Essen zu sich nehmen. Nun gibt es laut Sun Si Miao2 - einem grossen chinesischen Arzt – auch einige Hinweise bezüglich der einzelnen Monate. (siehe Tabelle) 

Im Weiteren haben sich folgende Tipps in der Praxis bewährt: 

  • Bei Frauen in den ersten 12 Wochen ist das häufigste die Übelkeit. Meistens sind diese in den Morgenstunden am schlimmsten. Es ist hilfreich, wenn die erste Nahrungsaufnahme  noch im Liegen stattfindet. Die Frau kann am Abend Dar-Vida, Zwieback  oder ähnliches ans Bett nehmen um nach dem Erwachen etwas zu essen. Dies verhindert, dass der noch schwache Kreislauf beim Aufstehen mit nüchternem Magen die Übelkeit auslöst. Weiter sollen die Frauen kleine Mahlzeiten zu sich nehmen aber dafür 6x am Tag.  
  • Ebenfalls ist die Flüssigkeitsaufnahme eher schwierig, da sie einen Ekel gegen Wasser entwickeln. Da hilft oft Pfefferminz-, Verveinetee oder Ingwerwasser. Immer wieder motiviere ich die Frauen, das zu essen, auf das sie Lust haben, auch wenn es nicht immer «gesund» ist.  

  • Später bei saurem Aufstossen helfen Mandeln oder Nüsse, wenig bis keine Milchprodukte, keine Zitrusfrüchte und wenn möglich keine Fruchtsäfte. 

Entwicklung des Embryos gemäss der chinesischen Medizin

Die nachfolgende Tabelle soll Ihnen eine kleine Richtlinie geben worauf die Schwangere achten soll und welche Meridiane bei der Schwangeren zu überprüfen sind. Die nachfolgende Auflistung stammt aus dem Buch der Wandlungsphase Wasser von Udo Lorenzen und Andreas Noll3 und entspricht einer Übersetzung aus einem Lehrbuch Sun Si Miao.

Literaturverzeichnis

Kursskript Säuglings- und Kinderbehandlung, Lehrinstitut Radloff 

1Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, Volume 56, issue 3, 2013, Seite 10-13, Verbotene Akupunkturpunkte in der Schwangerschaft — überholte Tradition oder beachtenswerter Existenznachweis?

Sun Si Miao.; Chinesischer Arzt  581-682 n.Chr

3U.Lorenzen / A.Noll, Die Wandlungsphase Wasser, Müller & Steinicke 2000