Peter Jeker, Claudia Coulin

Auswirkung blockierter Iliosakralgelenke

Blockierte Iliosakralgelenke machen sehr oft nicht nur im blockierten Gelenk selbst Beschwerden. Viel häufiger sind Auswirkungen in verschieden anderen Bereichen des Körpers. Um welchen Bereich es sich im individuellen Fall handelt, gilt es jeweils herauszufinden und entsprechend zu behandeln. Die Aufzählungen in diesem Artikel haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr sollen sie als Anregung verstanden werden. Es versteht sich von selbst, dass die nachfolgend aufgeführten Beschwerden verschiedenste Ursachen haben können. Sie sollen in diesem Artikel nur in Zusammenhang mit den Iliosakralgelenken erklärt werden.

Folgende Beschwerdebereiche können direkt oder indirekt die Folge blockierter Iliosakralgelenke sein:

  • Becken
  • Beine
  • Teilbereiche der Wirbelsäule inklusive Nacken, Kopf

Zusammenhänge

In der Praxis lässt sich beobachten, dass bei blockierten Iliosakralgelenken in der Becken- und Beinmuskulatur eine muskuläre Tonusdysbalance entsteht. Diese Dysbalance kann tiefgreifende Auswirkungen in diesen Bereichen zur Folge haben.

Becken

Durch die muskuläre Spannung im M. Glutaeus und M. Piriformis (Gesässbereich), der Hüftbeugemuskulatur und der Beckenbodenmuskulatur entsteht eine ungenügende Spannungs- und Entspannungsfähigkeit. Dies kann zu Schmerzen in diesen Muskeln führen. Über längere Zeit bestehend, kann dies Störungen der Spinalnerven in diesem Bereich nach sich ziehen. Dies wiederum führt zu Störungen der daran angeschlossenen Organstrukturen (Blase, Gebärmutter und Eierstöcke, Prostata, Nieren, Enddarm) und deren Funktion. Symptome dafür können sein: Menstruationsprobleme, Inkontinenz, Prostatavergrösserung, Spannungen im Enddarm, Hämorrhoiden, sexuelle Dysfunktionen, Fertilitätsprobleme, usw.

Auch die in die Beine führenden Nerven wie der N. Ischiadicus oder der N. Femoralis können irritiert werden. Eine Ischialgie oder chronische Beinschmerzen könnten als Symptome auftreten.

Beine

So wie die Beckenmuskulatur wird auch die gesamte Spannung der Beinmuskulatur durch die blockierten Iliosakralgelenke negativ beeinflusst. Diese Fehlspannungen führen erstmal zu muskulären Beschwerden wie Krämpfe, wiederholt auftretende Muskelverletzungen, Verspannungen in einzelnen Muskelbereichen. Als Folge der länger anhaltenden Dysbalancen entstehen Achillessehnen-, Knie- oder Hüftgelenksschmerzen, Fersensporn, Läuferkniebeschwerden usw.

Anspannung- und Entspannungstätigkeit der Beinmuskulatur führt zu der sogenannten Muskelpumpe. Diese ist wesentlich verantwortlich, dass die Gewebsflüssigkeit (Lymphe) und das venöse Blut aus den Beinen entgegen der Schwerkraft nach oben gepumpt werden kann. Ist dies nun durch Über- oder Unterspannung der Beinmuskulatur eingeschränkt, werden diese Flüssigkeiten ungenügend aus den Beinen gepumpt. Der Lymphstau, also Wasser in den Beinen oder Krampfadern, sind die Folge. Vor allem einseitig auftretende Beschwerden dieser Art sind auf blockierte Beckengelenke zurückzuführen.

Durch den verschlechterten Stoffwechsel in den Beinen kann es bei Wunden zu schlechterer Wundheilung oder offenen Beinen kommen. Immer wieder erleben wir, dass die Heilung von schon langen anhaltenden, nicht heilen wollenden Wunden im Unterschenkel- oder Fussbereich massiv schneller voranschreitet, nachdem die Iliosakralgelenke erfolgreich behandelt wurden.

Teilbereiche der Wirbelsäule inklusive Nacken, Kopf

Weiterlaufende-kompensatorische Bewegung

Das Becken und die Wirbelsäule sind eine funktionelle Einheit. Sind die Iliosakralgelenke (ISG) in ihrer Beweglichkeit blockiert, so verdreht sich reflektorisch auch der Atlas, der oberste Halswirbel.

Es bleibt aber nicht nur bei verdrehtem Becken und Atlas. Denn mindestens ein Wirbel dazwischen muss diese beiden Verdrehungen ausgleichen und sich in die andere Richtung als Kompensation verdrehen. Bei länger andauernden Blockaden entstehen reflektorisch immer mehr Gegendrehungen in der Wirbelsäule, was zunehmend zu Beschwerden führt.

Mögliche Symptome

Aufgrund der Blockade in den ISG fühlt sich das Becken vielleicht etwas steif oder verspannt an und der Nacken ist anfällig für Verspannungen oder endgradige Bewegungseinschränkungen. Die aufrechte Haltung im Rücken ist mit mehr oder weniger Anstrengung verbunden und es kann zu zwickenden oder sogar einschiessenden Schmerzen im Rücken kommen. Auch auf der Höhe des als Kompensation verdrehten Wirbels kann die Irritation als Spannung oder Schmerz wahrgenommen werden. Gleichzeitig werden die Spinalnerven gereizt, was beispielsweise zu Sodbrennen (wenn ein Wirbel betroffen ist, dessen Spinalnerv den Magen versorgt), Reizhusten (Wirbel auf Höhe der Lungeninnervation, siehe Abbildung 1) oder vergleichbaren organischen Störungen führen kann. Weiter bestehen Auswirkungen in die gesamte Wirbelsäule. Folge sind alle Formen von akuten und chronischen Nackenschmerzen und/oder Rückenschmerzen bis hin zu Bandscheibenvorfällen. Ein nicht ausheilendes Schleudertrauma kann durch funktionell nicht mobile Beckengelenke persistent bleiben.

Die Kaskade an möglichen Reaktionen und Beschwerden liesse sich lange weiterverführen.

Das Wissen um die Beweglichkeit der Iliosakralgelenke ist für uns alle wichtig. Für Sie als Klient ist es wichtig zu wissen, dass viele Irritationen in der Wirbelsäule eine Aussage des Körpers sind, die eine Antwort erfordern. Es gilt herauszufinden, wieso es bei Ihnen zu einer Störung in der funktionellen Einheit von Becken und Wirbelsäule gekommen ist. Gefolgt von der Frage, was dagegen unternommen werden kann.

Wir Therapeutinnen müssen erkennen, dass ein Becken nicht frei bewegt. Die Tastung der Sitzbeinhöcker und der Vergleich der Spannung der Oberschenkelmuskulatur sind einfach zu erlernende Messungen, die Auskunft über die Beckenstellung geben. Zusätzlich müssen wir uns eine dreidimensionale Vorstellung von den Bewegungsachsen aneignen, um die die Beckenschaufeln und das Kreuzbein bewegen. Dadurch werden die Mobilisationsgriffe zielgerichtet und wirkungsvoll.

 

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