Die Entwicklung der 12 Hauptleitbahnen und der acht ausserordentlichen Gefässe im Kontext der embryonalen/ fötalen Entwicklung

Entwicklungsphasen des Embryos/Fötus

Aus Sicht der westlichen Medizin

Die westliche Medizin geht davon aus, dass sich jeder Embryo in den ersten 12 Wochen gleich entwickelt. Hat der Embryo einen genetischen Fehler, entsteht die Fehlbildung in dieser Zeit. Alkohol, Medikamente und infektiöse Krankheiten der Mutter in diesen Wochen können die Entwicklung des Embryos beeinflussen.

Ab der 12. SSW sprechen wir vom Fötus. Ab nun wird der Fötus wachsen und die Organe werden weiter ausgebildet. Ab der 24. SSW kann das Kind mit grosser medizinischer Unterstützung überleben.

Aus der Sicht der Chinesischen MediziN

Alles Leben kommt aus dem Wasser

In der Zeit von 400 v. Chr. bis 700 n. Chr. entstanden in China verschiedene Theorien zur embryonalen Entwicklung. Nachdem sich die Jing-Erb-Energie von Himmel (Mann) und Erde (Frau) vereinigt haben, kommt «Shen» herbei (Ling Shu Kap.8) und Leben entsteht. Den genetischen Grundlagen des Kindes wird nun also Bewusstsein zugefügt.

Die Entwicklung des Fetus wird grundsätzlich vom angeborenen Vermögen der Eltern festgelegt, sie erfährt aber in jedem Monat der Schwangerschaft eine zusätzliche Versorgung über das mütterliche Leitbahnsystem. Störungen des Neugeborenen können deshalb auch durch eine ungenügende energetische oder physische Ernährung des Fetus im Mutterleib entstehen. Dies auch durch Schwachstellen im Energie- oder Leitbahnsystem der Mutter. (Siehe «Die Schwangerschaft»).

Die 8 AG sind die ersten energetischen Systeme, die gemässder chinesischen Medizin im Körper entstehen. Im Moment der Empfängnis werden himmlische und irdische Einflüsse vereint und in den Ausserordentlichen Gefässen gespeichert. So stellen die 8 Ausserordentlichen Gefässe das Grundgerüst der energetischen Organisation des Körpers dar.

Das Nähr-Qi (Ying Qi) und das Abwehr-Qi (Wei Qi) fliessen in den Hauptmeridianen. In den Ausserordentlichen Gefässen fliesst vor allem das Jing Qi, unsere Erbenergie. Die zwölf Hauptmeridiane stützen sich also in ihrer Funktion auf die acht ausserordentlichen Gefässe. Sie, die zwölf Hauptmeridiane, können in ausserordentlichen Situationen, in welchen sie überfordert sind, auf diese zurückgreifen. Das können einerseits Traumata jedwelcher Art, und andererseits Überforderung in den schwierigen Übergangszeiten der einzelnen Lebensphasen sein.

Für die Entwicklung des Menschen ist diese tiefere Struktur der ausserordentlichen Gefässe grundlegend wichtig. Während unseres gesamten Lebens ist es notwendig, dass wir darauf zugreifen können. Therapeutisch müssen sie dann geöffnet werden, wenn die 12 Hauptmeridiane ihre Funktion nicht selbst regulieren können.

Die Entwiklung der ausserordentlichen Gefässe

Die Yang-Energie des Himmels (Essenz des Mannes - Samen) verbindet sich mit der Yin-Energie der Erde (Essenz der Frau -Ei). Aus dieser Verbindung entspringt neues Leben. Die Steuerung wird durch das erste sich bildende Gefäss, den Chong Mai (Vater), übernommen. Er ermöglicht die erste Zellteilung, bei der sich die befruchtete Eizelle in Längsrichtung schnürt. Hierdurch entstehen Du Mai und Ren Mai.

Nun erfolgt eine weitere Teilung, die durch eine Abschnürung der Mitte ausgelöst durch das vierte außergewöhnliche Gefäss, Dai Mai, initiiert wird. So bilden sich diese vier grundlegenden
Gefässe schon in diesem Stadium der Zygote.

Die ersten vier Gefässe, die Gefässe der ersten Ordnung

Diese vier Gefässe bilden nun die Grundlage für die vier weiteren AG. Sie werden deshalb als Gefässe der 1. Ordnung bezeichnet. Die vier Schwesterngefässe der oben genannten Leitbahnen entstehen als nächstes, um die energetischen Aufgaben der AG zu unterstützen. Aus diesem Grund werden sie als Gefässe der 2. Ordnung bezeichnet. Im Laufe der weiteren Zellteilung bilden sich die übrigen Leitbahnen zusammen mit den Organen aus.

Gefässe der 2. Ordnung

Es ist überliefert, dass hinter den Zuordnungen der 8 AG eine Einteilung im Sinne von Verwandtschaftsverhältnissen steht. Dadurch können sie auch grundsätzlich in zwei Gruppen unterschieden werden, die eine «gegensätzliche» energetische Funktion haben.

Die Beziehung der einzelnen Gefässe:

Die Anwendung der Ausserordentlichen Gefässe

Die ausserordentlichen Gefässe (AG) werden in aller Regel nicht bei der Schwangeren und auch nicht beim Baby behandelt. Wie oben schon erwähnt werden sie genutzt, wenn die Hauptleitbahnen in ihrer Funktion überfordert sind und wir ihnen eine tiefere, stabilere Struktur geben müssen oder vielmehr der Klient eine tiefere Struktur in sich finden muss. Es geht also um Indikationen in der 3. Ebene, der geistig- mentalen Ebene. So können sie auch zur Meditation sehr gut genutzt werden.

Die Behandlungstechniken im System Radloff und deren vertiefte Anwendung werden in den Konstitutionskursen der Ausbildung vertieft besprochen. Zusätzlich finden Kurse rein zu den AG’s mit Josef Viktor Müller am Lehrinstitut statt

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Die Schwangerschaft

Die Daoisten betrachteten die Schwangerschaft im Sinne eines umgekehrten Sheng-Zyklus. Dem Wasser entspricht die pränatale Essenz (Genmaterial) von Frau und Mann. Diese Phase entspricht dem Metall, dem kosmisch-ordnenden Prinzip. Die nun folgende Erd-Phase entspricht der physischen Materialisation im ersten Schwangerschaftsdrittel. Im zweiten Schwangerschaftsdrittel zeigt sich die Feuer-Phase, in der sich die Energien immer mehr mit der Materie verbinden und die Kommunikation der unterschiedlichen Energien beginnt.

Im dritten Drittel wird die Geburt eingeleitet, was dem Frühling, der Holz Phase, entspricht. So wechseln sich die Wandlungsphasen-Zyklen ständig ab.

Der vorgeburtliche Zyklus führt in die Geburt und der andere, der nachgeburtliche Zyklus, beginnt im Holz und endet im Wasser, im Tod. Geburt und Tod sind auch hier nur ein Wechsel zweier Phasen, die sich durch die Gesetzmässigkeit von Yin und Yang ergeben und jeweils nur der Gegenpol derselben Sache sind.

Da die Schwangerschaft selbst bestimmten Rhythmen unterliegt und jeder der 10 Monate von den Wandlungsphasenrhythmen der Mutter beeinflusst wird, ist hier wie oben schon erwähnt, eine «Pflege» und Stützung der Mutter sinnvoll.

In jedem Monat der Schwangerschaft ist eine bestimmte Leitbahn der Mutter für die Ernährung des Fetus verantwortlich. Ein Leere der jeweils aktiven Leitbahn führt daher zu einer
Unterversorgung des Embryos, eine pathogene Fülle kann die harmonische Entwicklung des Fetus behindern, ja gar eine Fehlgeburt auslösen.

Zuordnung der Leitbahnen der Mutter zu den Schwangerschaftsmonaten

Es ist also wichtig bei der Behandlung einer Schwangeren darauf zu achten, welche Leitbahn zu welchem Zeitpunkt für die Entwicklung des Embryos zentral ist . Es gilt genau zu definieren in welchem energetischen Zustand diese sich befindet, ob diese tonisiert oder entlastet oder in Ruhe gelassen werden muss. Ein differenzierter Befund mit Concha, Alarm- und Zustimmungspunkten (wenn immer möglich) und der Sand- und Seidentastung ist also unumgänglich.

Es wäre abe falsch, sich bei der Behandlung einer schwangeren Frau nur auf den einen Meridian zu konzentrieren. Vielmehr gilt es den gesamten Ohrbefund zu interpretieren, Flussbedingun-
gen zu machen, die Statik zu behandeln und bei Auffälligkeiten den entsprechenden Meridian entsprechend seinem energetischen Zustand, wie oben beschrieben, zu behandeln. Die Behandlung der acht ausserordentlichen Gefässe ist meiner Ansicht nach im Säuglings- und Kindesalter nicht indiziert.

Die Entwicklung der Hauptleitbahnen

Im Laufe der etwa 10-monatigen Entwicklung des Fötus entwickeln sich die restlichen Leitbahnen – die 12 Hauptmeridiane - heraus. Allerdings sind diese noch nicht vollständig ausgebildet und verschaltet. Dies geschieht erst in der Entwicklung bis zum Abschluss der Pubertät. Dafür benötigen diese die Grundstruktur der ausserordentlichen Gefässe.

Geburt bis zum 1. Lebensjahr aus chinesischer Sicht

Schon vor und nach der Geburt findet ein Zusammenspiel bestimmter Leitbahnen beim Säugling statt, um ihn in Kontakt mit der Außenwelt treten zu lassen und Informationen auszu-tauschen. Hierdurch entstehen drei Meridiangruppierungen, die diese Aufgabe übernehmen. Diese drei Umläufe sind den wichtigen Körperbereichen hinten, vorne und der Seite zugeordnet.
1. Umlauf: H, Dü, Bl, Ni
2. Umlauf: Ks, 3E, Gbl, Le
3. Umlauf: Lu, Di, Ma, Mp

Ungefähr ab dem 1. Lebensjahr

Wenn das Kind dann zu gehen lernt, kommt es zu weiteren Verschaltungen, die zur Bildung der sechs Achsen führt. Hierdurch werden komplexere Bewegungsmuster für das Kind möglich.

Da sich die Hauptleitbahnen erst nachgeburtlich vollständig entwickeln ist es in der Regel auch nicht notwendig beim Säugling oder Kleinkind einzelne Meridiane zu behandeln.

Schulreife bis Pubertät

Ab diesem Alter kann man davon ausgehen, dass sich das System der Wandlungsphasen zur Ausprägung gekommen ist. Nun haben sich ein Grossteil der physiologischen Tätigkeiten
stabilisiert, und werden sich nun bis zum Ende der Pubertät voll ausprägen. Ab diesem Alter übernehmen die Wandlungsphasen nun die wichtigen Aufgaben und geben dem Kind die notwendige Sozialkompetenz, da hier nun auch die Emotionen durch sie zum Ausdruck kommen. Die Persönlichkeits- und Verhaltensstruktur des Kindes wird nun immer individueller. Es entwickeln sich Gedankengänge, Gefühle, Stimmungen, Reaktionsmuster und Wahrnehmungen, die den Wandlungsphasen entsprechen.

Die Behandlung von Babys und Kleinkindern wird im Kurs Säuglings- und Kleinkinderbehandlung gelehrt.

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Literaturnachweis

J.V-Müller, Den Geist verwurzeln, Band 1-4 2001-2021
Udo Lorenzen, Mikrokosmische Landschaften, 2006
Paul U. Unschuld, Übersetzung Huang Di Nei Jing
Su Wen, Cygnus Verlag, 2013
Paul u. Unschuld, Übersetzung Ling Shu,Cygnus Verlag 2015